Schützenswerte Natur: Upcycling Kaschmirwindeln leisten einen Beitrag für unsere Umwelt.

Stoffwindeln & Nachhaltigkeit

Mehrweg ist besser als Einweg. Klar. Eigentlich liegt es auf der Hand, dass es der Umwelt guttut, wenn wir Dinge mehrfach verwenden, statt sie zu kaufen, einmal zu benutzen und dann wegzuwerfen. Das gilt für Trinkbecher, Einkaufstaschen – und Windeln. Oder?

Ich habe mich in das Thema reingewühlt und mache es für euch gerne kurz: Ja.

Hm. Da ich eine von Grund auf ehrliche Natur bin, muss ich´s leider doch ein bisschen länger machen: Ja. Aber es ist verflixt schwer, das zu beweisen.

Ein kompliziertes Thema: Stoffwindeln verbessern nachhaltig die Ökobilanz von Windelproduktion, -nutzung und -entsorgung.

Dass es so schwierig ist, die größere Nachhaltigkeit von Stoff- gegenüber Wegwerfwindeln mit konkreten Zahlen zu belegen, hat damit zu tun, dass Ökobilanzen eine komplizierte Angelegenheit sind. Sie beruhen auf einer großen Menge von Faktoren – und je nachdem, welche davon eine Studie berücksichtigt, können Forscher*innen zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen. Die Vielzahl an Stoffwindelsystemen und Möglichkeiten, sie mehr oder weniger nachhaltig zu nutzen, macht es ihnen nicht leichter. 

Ökobilanzen berücksichtigen den Einfluss, den Herstellung, Gebrauch und Entsorgung eines Produkts auf die Umwelt haben. In puncto Produktion sieht es gut aus für die Stoffwindel, denn Wegwerfwindeln enthalten aufwendig herzustellende Anteile aus Kunststoff auf Erdölbasis. Bei Mehrwegwindeln ist es grundsätzlich möglich, auf Kunststoff zu verzichten. Und: Sie werden nicht einmal produziert, verwendet und weggeworfen, sondern: produziert, verwendet – und verwendet. Und verwendet. Und verwendet. Und nochmal verwendet. Und dann im besten Fall weiterverschenkt oder -verkauft.

Das Waschen und damit der ökologische Fußabdruck des Gebrauchs von Wollüberhosen lässt sich optimieren.

Kritisch sieht es dagegen beim Gebrauch aus, den es ja bei Wegwerfwindeln in diesem Sinn gar nicht gibt. Stoffwindeln müssen gewaschen werden. Immer wieder. Und das bedeutet: Strom, Wasser, Waschmittel. Wenn man für diese Faktoren in einer Ökobilanz ungünstige Daten zugrunde legt wie die sogenannte britische Studie von 2008, kann man zum Schluss kommen, dass die Umweltbelastung von Stoff- und Wegwerfwindeln in etwa gleich ist.

Das große Aber: Die Studie berücksichtigt nicht, dass sich die genannten Faktoren beim Gebrauch von Stoffwindeln beeinflussen lassen, anders als bei der Produktion und Entsorgung von Wegwerfwindeln: Man kann auf Ökostrom umsteigen. Man kann mit moderneren Geräten und größerer Wäschemenge Wasser sparen. Und man kann Ökowaschmittel verwenden. Die britische Studie geht da von einer fiktiven „Umweltsau“ aus, der diese Aspekte gleichgültig sind. Und: Trotz des angenommenen nicht nachhaltigen Nutzungsverhaltens kommt die Studie immerhin zum Ergebnis, dass Stoffwindeln ab der Verwendung beim zweiten Kind deutlich nachhaltiger sind als Wegwerfwindeln.

Müllverbrennung: Wollwindeln müssen viel seltener entsorgt werden als Wegwerfwindeln – und sind auch dann umweltfreundlicher.

Was den Aspekt Entsorgung betrifft, sieht es bei der Ökobilanz von Wegwerfwindeln ganz finster aus: Ein Baby produziert nämlich in den ersten zwei bis drei Jahren seines Lebens schon ca. 1.100 kg Abfall durch Einwegwindeln (Quelle: Bodenseekreis). Und der kann nicht recycelt werden, sondern wird komplett verbrannt. Dabei werden in vielen Ländern umwelt- und gesundheitsschädliche Stickoxyde frei. Und die Schlacke, die nach dem Verbrennen übrigbleibt, ist mit Schwermetallen belastet.

Über eine Tonne Müll, der in giftigen Rauch aufgeht. Dass es sinnvoll ist, darauf zu verzichten, klingt logisch. Ist es auch. Da reicht ein kurzer Anruf bei den Leuten, die mit den Bergen an Wegwerfwindeln täglich konfrontiert sind. Die setzen übrigens zunehmend Anreize, auf Stoffwindeln umzusteigen, z.B. in meiner Heimat Konstanz. Pro Kind erhalten die Nutzer*innen von Stoffwindeln hier von den Entsorgungsbetrieben der Stadt bis zu 200 Euro Zuschuss zum Windelkauf. Und das ist nicht nur am Bodensee so, sondern in immer mehr Landkreisen deutschlandweit. Im Netz könnt ihr euch leicht informieren, wie das in eurer Region läuft.

Tja, und mein stärkstes Argument für die Nachhaltigkeit zumindest von Kaschmirkonfettis betrifft das, was meine Windeln einzigartig macht: ihr Upcycling. Damit fällt nicht nur die Entsorgung nach einmaligem Gebrauch weg, sondern auch die Produktion auf Grundlage neu gewonnener Rohstoffe. Denn die waren ja schon da und haben in anderer Form Menschen gewärmt und glücklich gemacht, bevor ich sie an der Nähmaschine einer neuen Bestimmung zuführen durfte.

Nimm das, Globale Erwärmung! Nehmt euch in Acht, Müllberge dieser Welt.